Albert Vigoleis Thelen
aan
Menno ter Braak

Amsterdam, 4 juni 1931

Amsterdam W., Nic. Beets Straat 138 boven

4.Juni 1931

 

Hochgeehrter Herr Doktor,

ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 2.Juni. -Gerne will ich Ihnen die gewünschte Auskunft geben.

ad 1): Es steht für mich ausser Frage, dass eine deutsche Übertragung des Carnaval dem originalen Text so scharf wie möglich zu folgen hat. Natürlich immer innerhalb der Grenzen, die a priori gegeben sind. Dadurch wird es am ehesten gelingen, die Stilspannung beizubehalten, wogegen in jedem anderen Falle die aphoristische Diktion gefährdet wird. Natürlich denke ich nicht an eine wörtliche Übertragung. Eine solche wird ja immer dem Urtext am meisten gerecht, für den Leser bleibt sie jedoch ungeniessbar. Es gibt gewiss Autoren, die den Narzissmus zum eigenen Werk so steigern, dass sie eine wörtliche Übersetzung zur Bedingung machen. Und wiederum gibt es Übersetzer, die den Autor gleichsam ausschalten und aus eigenem Innen her ein neues Werk hervorbringen, das nur noch eine titelmässige Bindung ans Original hat. - Ich glaube jedoch, dass gerade bei einem Essaybuch wie das Ihrige jedes Experimentieren gefährlich ist. Ich müsste also, ehe ich an die eventuelle Übertragung heranginge, Ihre eigene Stellungnahme zu diesen Dingen kennen. (Natürlich würde es im Laufe der Arbeit nötig sein, manches in gemeinsamen Erwägungen zu gestalten.)

ad 2): Verbindungen mit einem bestimmten Verlag unterhalte ich nicht. Es wird, soweit ich mit unseren deutschen Verlagsverhältnissen vertraut bin, nötig sein, einen Verleger zu ‘suchen’. Und dann darf ich vielleicht noch erwähnen, dass holländische Bücher nur ungern genommen werden. Es sei denn, dass sie von Jo Küller geschrieben sind. -

Gerne erwarte ich Ihre Antwort.

 

In Hochschätzung ganz ergebenst

A. Vigoleis Thelen

 

Origineel: Den Haag, Letterkundig Museum

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