KANDINSKY
‘DURCHGEHENDER STRICH’ (200 × 115) 1923
Kandinsky
Und
Einiges über Synthetische Kunst
Synthèse. Avant le début du dix-neuvième siècle la révolution approche. Le dix-neuvième siècle. - L'ordre selon le principe de l'isolement. Cause et effet - la spécialisation la plus intense. Tous les domaines nettement et conséquement séparés des murailles. L'absolutisme.
Le vingtième siècle. Les murailles s'écroulent. Conséquence - chaos; il en résulte le désordre, le désespoir. Nouvelle base à l'horizon: Synthèse.
De la forme au contenu. Révolution = évolution. Les restes de l'art synthétique d'autrefois: l'église, le théâtre, l'édifice. - Valeur et tache de la formule. - Développement de l'analyse et le début d'une synthèse dans la peinture. Rapprochement des arts et des rapports vis à vis d'autres domaines. La peinture féconde les autres arts et associe l'art à la science et à la technique, etc. - L'art et la vie. - Le début de l'ouvrage synthétique est en marche.
?
Synthesis. Before the beginning of the 19th century the coming revolution. The 19th century - order by the principle of isolation. Cause and effect - most intensefied specialisation. Territories consequently and clearly devided from each other by walls. Absolutism.
20 the century - the walls are falling. Result - chaos. It brings with it desorder and disparation. The new base is approaching. Synthesis. From form to theme. Revolution = evolution. The remainders of the former synthetic art - church, theatre, building. Value and task of the formule. Development of the analyse and the beginning of the synthesis in the art of painting. Approachment of the art to each other and connection with other territories. Painting fertilizing other arts, joining art with science and technics. Art and life. The preparing of the beginning of synthetical art.
Es ist kein reiner Zufall, dass die Jahrhunderte sich manchmal scharf von einander unterscheiden.
Als das 20 Jahrhundert in Sicht war und die Frage aufgeworfen wurde, wann es eigentlich als begonnen angesehen sein darf, als das 19 Jahrhundert die letzten Jahre vor sich hatte, hörte bereits das scharfe Ohr ein immer deutlicher werdendes ‘unterirdisches’ Donnern.
Es nahte die ‘Umwälzung’.
Aber die Oberfläche war ruhig, unbewegt, erstarrt.
Fast das ganze 19 Jahrhundert war eine mehr oder weniger ruhige Arbeit am Ordnen.
Das Ordnen geschah auf der Basis der Absonderung, Zerteilung. Zur selben Zeit ist die Spezialisierung Ur-
sache und Folge geworden.
Die Spezialisierung führte zur Ordnung. Die Ordnung - zur Spezialisierung.
Die Spezialisierung wurde seit den ersten Fortschritten der Maschine von Nationalökonomen zum Ideal der Arbeitsordnung und der normalen Produktion gemacht: minimale Anstrengung und maximales Resultat.
Jeder Arbeiter - manuel oder geistig - wurde zu äusserster Spezialisierung getrieben und wurde das, was man noch heute der ‘Fachmann’ nennt.
Ein knappes Schema soll die Folgen dieser Ordnung darstellen:
Ein viel komplizierteres Schema würde die Wissenschaft abgeben. Das Prinzip bleibt aber das gleiche - der Astronom hatte eben so wenig für Sanskrit übrig, wie ein Musiker für Plastik. Auf dieser Basis wurden Hochschulen allermöglicher Arten aufgebaut, die sehr durchgebildete Spezialisten und vollkommen ungebildete Menschen herstellten. Und heute herstellen.
Obwohl der ‘unterirdische’ Donner im Anfang des 20 Jahrhunderts die erstarrte Oberfläche durchborte, sie in vielen Stellen aufriss und sich in verschiedensten ‘Katastrophen’ materialisierte, die noch heute die sämtlichen Gebiete des ‘Lebens’ bedrohen, erschüttern oder vernichten, bleibt die beschriebene ‘Ordnung’ in voller Kraft.
Die Spezialisierung verlangt nach einer Wahl, nach Zerteilung und Absonderung. Auch der heutige Mensch steht noch unter dem Zeichen entweder - oder.
Diese zwei Worte reichen zur erschöpfenden Charakteristik des 19 Jahrhunderts und wir haben sie in unsere Zeit als Prinzip übernommen. Beispiele dafür liefert jeder Tag auf allen Gebieten - sei es Kunst, Politik, Religion, Wissenschaft u.s.w.
Von aussen gesehen kann unsere Zeit im Gegensatz zur ‘Ordnung’ des letzten Jahrhunderts - ebenso mit einem Wort bezeichnet werden - Chaos.
Die grössten Widersprüche, die entgegengesetztesten Behauptungen, das Negieren des Ganzen zu Gunsten des Einzelnen, Umwerfen des Gewohnten und Versuche das Umgeworfene sofort wieder aufzurichten, das Zusammenprallen der verschiedensten Ziele bilden eine Atmosphäre, die den heutigen Menschen zum Verzweifeln und zu einer scheinbar noch nie da gewesenen Verwirrung führt.
Der heutige Mensch wird fortwährend vor die rasche Wahl gestellt: er soll unverzüglich eine Erscheinung bejahen und die andere ablehnen - entweder-oder, wobei die beiden Erscheinungen als rein äussere und ausschliesslich äusserlich betrachtet werden. Darin liegt die Tragik der Zeit. Neue Erscheinungen werden von der alten Basis aus betrachtet und auf eine tote Art behandelt.1
So wie s.Z. das feine Ohr in der Ordnungsruhe das Donnern hörte, kann das scharfe Auge im Chaos eine andere Ordnung erraten. Diese Ordnung verlässt die Basis ‘entweder-oder’ und erreicht langsam eine neue - und.
Das 20 Jahrhundert steht unter dem Zeichen ‘Und’.
Dieses ‘Und’ ist aber nur die Folge. Die Ursache ist das langsam, fast unsichtbar vorsichgehende Verlassen des früheren Bodens des Äusseren (Form) und das Erreichen eines neuen Bodens des Inneren (Inhalt).
Ich kann hier keine Beweise für meine Behauptung bringen, da es über die Grenzen eines kurzen Artikels führen würde. Ich glaube aber, dass ein aufmerksames Beobachten verschiedener menschlicher Gebiete, eine geduldige Analyse verschiedener Zusammenstösse und Bekämpfungen die fehlenden Beweise in Fülle liefern wird.
Die Innere Notwendigkeit muss manchmal grosse Umwege machen um ihr Ziel zu erreichen. In der Malerei z.B. ist die innere Wertung des ‘Materials’ erst nach einer langjährigen theoretischen Arbeit an ‘technischen’ Fragen möglich geworden.
Das genaueste Erkennen des Äusseren im Material ist nicht im Stande, die Kunstfragen über die Grenzen des ‘Technischen’ zu setzen und dient schliesslich immer weiter der Absonderung, was selbstverständlich die Annäherung unerreichbar macht.
Oder: das Erkennen des Äusseren kann nur in dem Falle eine Tür in die Zukunft werden, wenn dieses Erkennen eine Brücke zum Inneren schlägt.2
Von diesem Standpunkt der Umwege entschleiert sich der revolutionäre Weg als ein Evolutionsvorgang. Glattes Fliessen und Stösse bilden in der historischen Prespektive gewöhn-
lich eine gerade Schnurr. Manchmal wird sie unsichtbar - dann erscheint sie zerrissen.
Zur Zeit der exklusiven Absonderung in der Kunst sind drei verschiedene Reste der früheren synthetischen Kunst zu sehen:
1. | die Kirche, |
2. | das Theater, |
3. | der Bau. |
Im Bau ist das Zusammenhängen der drei bildenden Künste (Architektur, Malerei und Plastik) rein äusserlich geworden und entbehrt jeder inneren Notwendigkeit. - typisches 19 Jahrhundert.
In den beiden alten synthetischen Formen des Theaters - Oper und Ballett - wurde auch im 19 Jahrhundert ausser dem äusseren ‘Effekt’ auch das innere Wirken auf den Menschen gesucht, was die Bestrebungen Wagners in der Oper möglich machte.
Man kann es für ziemlich bewiesen halten, dass in der alten russischen Kirche die sämtlichen Künste gleichmässig und gleichberechtigt einem Zweck dienten - Architektur, Malerei, Plastik, Musik, Dichtung und Tanz (Bewegungen der Geistlichen)3. Hier war die Absicht eine rein innere - Gebet.
Dieses Beispiel ist besonders wichtig, da noch heute in verschiedenen Ländern Versuche gemacht werden, Kirchen im alten Stil zu bauen, was jedes Mal und ohne Ausnahme leblose Baugebilde zur Folge hat. Die sehr verbreitete Ansicht, die ‘verlorene Formel’ könnte diese Misserfolge beseitigen, ist oberflächlich. Jede richtige Formel ist an sich nichts weiter, als der exakte, richtige Ausdruck einer bestimmten Epoche. Also ist jede Epoche berufen und verpflichtet, eine ihr entsprechende und sie zum Ausdruck bringende Formel neu zu schaffen.
Schon vor mehreren Jahrzehnten zur Zeit der toten Friedhofsordnung ist die Malerei das erste Gebiet gewesen, auf dem ‘unerwartete’ und ‘unverständliche’ Explosionen ‘plötzlich’ in einer immer temperamentvolleren Folge vor sich gingen. Die Malerei suchte nach ‘neuen Formen’ und noch sehr wenige wissen, dass dies ein unbewusstes Suchen nach dem neuen Inhalt war.
Diese Bestrebungen zogen sofort zwei wichtige Folgen nach sich:
1. | das weitere Absondern der Malerei vom ‘Leben’, die konsequente Vertiefung in eigene Ziele, Ausdrucksmittel und Möglichkeiten und |
2. | gleichzeitig das natürliche und lebhafte Interesse für die Ziele, Ausdrucksmittel und Möglichkeiten in anderen Künsten - zu erst in der Musik. |
Die erste Folge führte zur weiteren, aber besonders exakten theoretischen und praktischen Analyse, die heute zur malerischen Synthese verhilft.
Die zweite Folge legte den Grundstein zum Aufbau der synthetischen Kunst im allgemeinen. Hier sind lediglich Einzelfälle festzustellen. Der erste Versuch, zwei Künste organisch für ein Werk zu vereinigen, ist der ‘Prometeus’ von Skrjabin - paralleles Laufen der musikalischen und der malerischen Elemente. Der Zweck ist die Verstärkung der Mittel zum Ausdruck.
So wurde zum ersten Mal eine im 19 Jahrhundert errichtete Mauer zwischen zwei Künsten umgeworfen.
Dies geschah aber auf dem allgemeinen Gebiete der Kunst (S. III Teilung) und war der Anfang der Mauernzerstörung auf dem von anderen Gebieten abgesonderten Kunstboden. Seitdem häufen sich die weiteren, noch bis heute in Kinderschuhen steckenden Versuche auf: Farbenorgel (England, Amerika, Deutschland u.s.w.), farbige Lichtspiele mit Musik (Deutschland), abstrakte Filme mit Musik (Frankreich, Deutschland) u.s.w.4
KANDINSKY
‘ROTE SPANNUNG’ (54 × 66)
1926
Ähnliche Erscheinungen treten im Tanz auf (Rusland, Deutschland, Schweiz u.s.w.), der den bereits von der Malerei vor Jahrzehnten eingeschlagenen Weg betrat und sich ebenso in zwei Richtungen entwickelt:
1. | der Tanz als Selbstzweck und |
2. | der Tanz als Einzelelement im Gesammtwerk - Tanz, Musik, Malerei (Kostüm und Bühne). |
Allerdings wird in solchen Werken der Tanz gewöhnlich als Hauptelement betrachtet, dem die übrigen unterordnet werden. Hier ist aber noch eine andere Annäherung entstanden, die prinzipiell eine grosse Bedeutung in der Mauererschütterung hat - der Tanz übernimmt Elemente der Akrobatik (Deutschland), was anderseits auch im ganzen Theaterwesen immer häufiger vorkommt (Russland). So fallen Mauern zwischen Gebieten, die noch vor kurzem als vollkommen von einander abgesonderte und sogar teils feindlich zu einander stehende aufgefasst wurden: Theater, Kammersaal und Zirkus.5
Es soll hier im Vorübergehen bemerkt werden, dass die ausserordentliche Anziehungskraft, welche die Malerei in den letzten Jahrzehnten ausübte (in Paris leben noch heute an die 40.000 Maler, München hatte vor dem Krieg eine Kunstakademie, eine Damenakademie und über 40 Privatschulen) kein ‘Zufall’ ist.
Die Natur ist verschwenderisch, wenn sie eine grosse Aufgabe vor sich hat, und ihr Gesetz beherrscht nicht allein das materielle Leben, sondern im selben Masse das geistige. Der Krieg oder die Kriege, die Revolutionen im politischen Leben wurden auf dem Kunstgebiete Jahrzehnte vorher erlebt - in der Malerei. Die grössten Spannungen mussten sich unbedingt hier entwickeln, da die Malerei ausser ihren eigenen die bedeutungsvolle Auf-
gabe hatte, die sämtlichen Künste zu befruchten und ihre Entwicklung auf richtige Bahnen zu leiten.
Vom Gebiete der Malerei gingen noch weitere Anregungen aus und von hier aus wurden noch festere Mauern des vergangenen Jahrhunderts erschüttert und teils bereits vernichtet. Diese Anregungen verlassen den Boden der Kunst und greifen viel weiter um sich herum.
Die fast providenziell festgelegten Unterschiede zwischen Kunst und Wissenschaft (besonders der ‘positiven’) werden konsequent untersucht und es wird ohne besondere Mühe klar, dass die Methoden, das Material und die Behandlung desselben keine wesentlichen Unterschiede auf beiden Gebieten aufweisen. Es entsteht die Möglichkeit für den Künstler und für den Wissenschaftler gemeinsam an einer und derselben Aufgabe zu arbeiten (Allrussische Akademie der Kunstwissenschaften, Moskau, gegründet 1921).
Zum Unterschied zu der ersten gefallenen Mauer (zwischen der Musik und der Malerei - III Teilung) wird hier eine Mauer zerstört, die zwei noch viel weiter von einander liegende Gebiete trennte (S. II Teilung).
Die analytische Arbeit auf jedem der beiden Gebiete wird zur synthetischen Arbeit auf beiden. Es entsteht eine theoretische Synthese, die der praktischen Synthese den Weg ebnet.
Denselben prinzipiellen Wert hat eine andere Anregung und die darauf folgende Arbeit, die ebenso von der Malerei ausgingen - das Fallen der Mauer zwischen Kunst und Technik und die daraus folgende Annäherung der beiden früher stark getrennten und, wie es allgemein aufgefasst wurde, der beiden zu einander feindlich stehenden Gebiete.
Die erste, aber sehr undeutliche Anregung dazu ist in den ‘plötzlich’ wieder lebendig gewordenen Kunstgewerbeschulen zu sehen, die in verschiedenen Ländern noch vor dem Krieg ständig in der Anzahl wuchsen (Deutschland, Österreich, Russland u.s.w.)
Fast in demselben Jahr sind nach dem Krieg zwei neue Schulen - von einander unabhängig - entstanden, die sich zur Aufgabe stellten, die Kunst mit dem Handwerk und schliesslich mit der Industrie zu verbinden:
1. | Hohe Kunsttechnischen Werkstätten in Moskau, 1918. |
2. | Staatliches Bauhaus in Weimar, 1919. |
Im Gegensatz zu der üblichen Kunstgewerbeschule, die den Hauptplatz der Kunst einräumt und teils die Technik als ein unterordnetes und manchmal störendes Element auffasst, suchen die beiden erwähnten Hochschulen, beide Elemente gleichwertig zu stellen und gleichberechtigt im Werk zu vereinigen. Es war eine natürliche Folge der früheren Einstellung und eine natürliche Reaktion gegen dieselbe, dass die erste Zeit die beiden Schulen die Kunst als Mitelement unterschätzten und das Hauptgewicht auf das Technische übertrugen. Dies war die übliche Wirkung des Pendelgesetzes.
Das Bauhaus (jetzt in Dessau) entwickelt sich immer weiter auf dem Wege der ausgeglichenen Behandlung der beiden Faktoren und ist scheinbar zur richtigen Lösung dieses schwierigen Problems angelangt.6
Dieses Beispiel einer wieder gefallenen Mauer ist prinzipiell das wichtigste: das erste kam auf dem Gebiete der Kunst im allgemeinen vor (III Teilung), das zweite - auf dem Gebiete des Geistigen im allgemeinen (II Teilung), dieses dritte - vollzieht sich zwischen zwei Gebieten, die vorher keine entfernteste Verwandtschaft kannten - das Gebiet der Materie und das des Geistes (I Teilung).
Das Beseitigen der Absonderung entwickelt sich logisch und die Verbindung (‘Und’) breitet sich auf die entferntesten Gebiete aus.7
Der enge Rahmen des kleinen Aufsatzes soll mir zur Entschuldigung dienen, wenn ich das überaus wichtige Thema der synthetischen Kunst so eng und zerrissen behandelt habe.
Mein Zweck war nur, die Masse dieses entscheidenden Problems anzudeuten, auf die allmenschliche Bedeutung der letzten Verschiebungen vom alten Boden zu einem neuen zu deuten, was weit über die Grenzen der Kunst geht und früher oder später auf jedem wichtigen Gebiete der menschlichen Entwicklung geschehen wird.
Der Laie ist längst gewöhnt, die Kunst- und Wissenschaftsfragen als ihm etwas fremdes anzusehen, das ausserhalb seines realen Lebens steht und worum er sich nicht zu kümmern braucht.
Immer mehr verbreitet sich im ‘grossen Publikum’ die vielleicht nicht ganz bewusste Ansicht, dass die Marktpreise und die Angelegenheiten der politischen Parteien den seelischen Boden des menschlichen Lebens bilden und dass alles ausserhalb dieser Interesse stehende keinen wesentlichen Wert haben kann.
Diese Einstellung ist das organisch-natürliche Produkt der extremen Spezialisierung und des allerdings verflachten Materialismus. Hier ist kein Anfang, sondern nur ein Abschluss der Vergangenheit zu sehen.
Der Anfang besteht in der Erkenntnis der Zusammenhänge. Immer mehr wird man sehen können, dass es keine ‘speziellen’ Fragen gibt, die isoliert erkannt oder gelöst werden können, da alles schliesslich in einander greift und von einander abhängig ist, Die Fortsetzung des Anfangs ist: weitere Zusammenhänge zu entdecken und sie für die wichtigste Aufgabe des Menschen auszunützen - für die Entwicklung.
Die Wurzeln der Einzelerscheinungen treffen sich in der Tiefe und der zukünftige Mensch wird vielleicht bald alle diese Wurzeln zu einer allgemeinen Wurzel zurückführen können.
Die Kunst kann in keiner geistig wertvollen Epoche ausserhalb des Lebens stehen. Sie kann sich in der Zeit der Vorbereitungen vom ‘Leben’ zurückziehen - sie konzentriert sich in eigenen Aufgaben, damit sie wieder ihre wichtige Stelle in einer anfangenden geistigen Epoche genügend ausgerüstet einnehmen kann.
Heute erlebt sie die letzten Konsequenzen der äusseren ‘Materialperiode’ und geht auf Grund der in diesem Sinne geleisteten Arbeit zum Inhalt der beginnenden Epoche über.
Wahrscheinlich wird wieder die Kunst die erste das ‘entweder-oder’ des 19 Jahrhunderts verlassen und zum ‘und’ des kaum begonnenen 20 Jahrhunderts übergehen.
Dieses ‘und’ in der Kunst ist in unserem Falle das Äussere und das Innere im Material, in den Elementen, im Werk u.s.w.
Wenn die Zeit des Inneren im Äusseren reif ist, ensteht die Möglichkeit vom reinen Theoretisieren zur Praxis zu überschreiten - in unserem Falle zum synthetischen Werk.
Dessau, Oktober 1926.