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AUS
‘STURM ÜBER ASIEN’
DAS HEILIGE ORCHESTER DER MONGOLISCHEN LAMAS
FOTO PROMUTHEUS




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AUS
‘STURM ÜBER ASIEN’
FOTO PROMOTHEUS


Sturm über Asien

regie: w. pudowkin;
produktion: meschrabpom - film

ein grandioses filmepos - aufgebaut aus einer reihe von fotografischen, schauspielerischen, regiemässigen leistungen auf psychologischem, ethnografischem, geografischem, atmosfärischen hintergrund.

weit ausholend, die handlung aus einem kleinen rollenden stein zur lawine wälzend.

so wird der film im besten sinne spannend, vom zuschauer in jedem augenblick als eigene sache empfunden - und doch ist er kein film im heutigen sinne - sondern ein übertragenes epos, übersetzung eines romans im stile des 19. jahrhunderts.

trotz ausgezeichneter szenen, trotz erschütternden aufbaus ist es kein durchbruch der herkömmlichen form, kein film, den wir heutigen als den modernen film begrüssen dürften.

pudowkin ist ein gvosser regisseur - seine filme sind glanzvoll - aber nicht modern, ‘die mutter’ war es nicht; ‘die letzten lage von st. petersburg’ war es nicht und ‘sturm über asien’ ist es auch nicht.

weit moderner sind dann filme wie: ‘potemkin’ oder ‘johanna von orleans’, obwohl auch dort vieles noch unvollendet ist, an heutigen forderungen gemessen.

 

es wird für viele eine überraschung sein, dass die arbeiten von pudowkin hier so streng beurteilt werden.

aber grosze menschliche formate verlangen absolute masstäbe.

und heute, wo der film nach so vielen jahren wieder an einem scheidewege ist, wo - trotz aller theorie -

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UIT
‘CHAPEAU DE PAILLE’


die in die zukunft weisenden leistungen sehr spärlich sind, muss es wiederholt gesagt werden, dass wir uns von der spannenden handlung eines films nicht verleiten lassen dürfen, darüber hinwegzusehen, dass er einer früheren aufbauform angehört.

zweifellos enthalten solche grossen filmwerke unerhört lebendiger regisseure, wie pudowkin einer ist, szenen und teile, die filmisch im besten, zukünftigsten sinne des wortes sind.

aber in uns ist schon lange eine unruhe um die revolution des films, die vielversprechenden aufänge der eggeling-epoche sind versandet. jene zeit hatte eine sehr primitive praxis, aber die reinheit ihrer bestrebungen würde die notwendigkeiten des filmischen aufbaus nicht mit publikumsrücksichten überdeckt haben.

wenn auch bei pudowkin persönlich dies nicht der fall sein mag, ist seine arbeit doch im letzten grunde auf die massen zugeschnitten, denen heute vielleicht ungerechterweise unverständnis für reine optische ereignisse nachgesagt wird.

versuche - versuche - versuche: lieber kleine stücke, aber endlich einmal ‘film’!

m-n



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‘STURM ÜBER ASIEN’

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