Gerda Geissel
aan
Menno ter Braak
Berlijn, 27 september 1928
Berlin, den 27.9.29
Lieber Menno!
Was must Du von mir denken, dass ich jetzt erst schreibe? Es war aber nicht böse Absicht von mir. Die ersten Tage nach meiner Einsegnung war ich krank, und dann musste ich ungefähr jeden zweiten Tag zum Zahnarzt gehen, ich komme gerade davon. Du weisst es ja, wie es im Laden ist, mann will immer schreiben und dann bleibt es immer beim Wollen. Nun danke ich Dir recht herzlich für den schönen Ring, ich werde ihn immer in Deinem Gedenken tragen. Als ich ihn auspackte, blieb mir der Atem stehen, denn so einen hätte ich mir im Traum nicht vorgestellt. Du hast wohl das grosse Los gewonnen, dass Du so spendabel bist? Aber ich kann Dir nur sagen, dass meine Freude grenzenlos war. Für Deinen lieben Brief danke ich Dir auch vielmals. Es kam mir ordentlich komisch vor, Du als Pastor, aber trotzdem habe ich nicht gelacht, sondern im Gegenteil. Die Worte Deiner treuen Freundschaft haben mir sehr wohl getan, und es ist auch mein innigster Wunsch dass unsere Freundschaft ewig die alte bleiben möchte. Am liebsten hätte ich das alles gerne vond Dir selbst gehört, aber das ging ja leider nicht, da Du in der Schule ‘Unsinn’ predigen musstest.
Der ernste Tag ist sehr lustig verlaufen. Opa konnte Gott sei Dank raufkommen aber trotzdem geht es ihm leider sehr schlecht! In den nächsten Tagen bekommst Du von uns ein Bild, Onkel Bruno hat welche im Grunewald aufgenommen, da müssen aber erst Abzüge gemacht werden.
Nun danke ich Dir nochmals vielmals und sei herzlichst gegrüsst von
Deiner Gerdel
Viele Grüsse an Alle.
Origineel: particuliere collectie