Menno ter Braak
aan
Thomas Mann

8 januari 1938

8.1.38

 

Sehr geehrter Herr Mann

Mitgleicher Post sende ich Ihnen eingeschrieben eine Kopie meines Briefes an Herrn Lion, dessen sog. Kürzungen ich ablehnen muss als eine Aeusserung eines mir durchaus verhassten humanistischen Jesuitismus; ich schliesse gleichfalls den Text des Aufsatzes ein, in der von Herrn Lion so liebenswürdig kastrierten Form.

Eigentlich ist es meine Pflicht bei Ihnen energisch zu protestieren gegen diese Zensur, aber ich finde kaum den Mut dazu, weil ich durchaus davon überzeugt bin, dass Sie die ‘kleine Streichungen’ nicht billigen, in diesen Verstümmelungen aber ein System spüre, das wohl mit der Existenz der Zeitschrift zusammenhangen wird. Darum scheint es mir vollkommen hoffnungslos, mit Herrn Lion über die Angelegenheit weiter zu diskutieren; es handelt sich ja nicht um Meinungsverschiedenheiten, die man lösen kann, sondern um eine Verstümmelung. Der gegenüber habe ich nichts zu sagen als nein.

Zufällig erhielt ich gerade jetzt die Uebersetzung des letzten Kapitels meines Buches, ‘Die Grosse Gleichheit’. Ich lege es bei aus persönlichen Motiven, die nicht mehr mit ‘Mass und Wert’, sondern mit dem Autor des ‘Zauberbergs’ zusammenhangen. Wollen Sie die Güte haben, mir die beiden Kapitel nach der Lektüre zurückzuschicken?

ganz Ihr Menno ter Braak

Ich hatte Herrn Lion schon eine Kürzung vorgeschlagen; gegen wirklich ‘gelinde Milderungen’ hätte ich selbstverständlich nichts einzuwenden gehabt!

 

Origineel? Doorslag: Den Haag, Letterkundig Museum

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